More info
E-Book

Facilitation beginnt mit Rückzug

facilitation Oct 10, 2025
Die besten Workshops sind diejenigen, in denen die Facilitatorin oder der Facilitator am wenigsten eingreifen muss.

 

Die besten Workshops sind diejenigen, in denen die Facilitatorin oder der Facilitator am wenigsten eingreifen muss. Diese Aussage wirkt auf den ersten Blick widersprüchlich. Viele erwarten, dass eine Leitung den Prozess aktiv steuert, Fragen stellt und Ergebnisse hervorbringt. Gelungene Facilitation folgt jedoch einer anderen Logik: Sie lebt von Vertrauen, Präsenz und dem Mut, sich zurückzunehmen. 

Nach vielen Jahren Erfahrung mit LEGO® SERIOUS PLAY® zeigt sich immer wieder: Viele Menschen verwechseln Facilitation mit Moderation. Oft entsteht die Annahme, dass Gruppen ständig angeleitet werden müssen, um produktiv zu bleiben - ähnlich wie im klassischen Unterricht. Dabei wird Kontrolle häufig mit Wirkung gleichgesetzt.

 

Diese Vorstellung führt allerdings dazu, dass der Prozess an Tiefe verliert.

 

 

Der Unterschied zwischen Steuern und Halten

Moderation zielt darauf ab, Gespräche zu lenken, Beiträge zu strukturieren und Zeitrahmen einzuhalten. Facilitation geht tiefer. Sie schafft einen Raum, in dem Menschen Verantwortung übernehmen, Perspektiven austauschen und gemeinsam zu neuen Einsichten gelangen können.

Im Kern bedeutet Facilitation: Impulse geben und dann bewusst zurücktreten.

Diese Haltung verändert den gesamten Prozess. Der Fokus liegt weniger auf der Person, die führt, und stärker auf der Gruppe, die gestaltet.

 

 

Drei Positionen im Raum

Wer mit LEGO® SERIOUS PLAY® arbeitet, weiss, wie stark die eigene Position im Raum den Verlauf beeinflusst. Es gibt drei typische Positionen, die jede Facilitatorin und jeder Facilitator einnimmt:


 

Position 1️⃣: Am Tisch

Die Leitung ist Teil des Geschehens, gibt Impulse, begleitet und unterstützt. In dieser Phase wird Orientierung geschaffen und Vertrauen gestärkt.

 

Position 2️⃣: Zwei Schritte entfernt

Die Gruppe arbeitet selbstständig, die Leitung bleibt jedoch präsent. Blickkontakt signalisiert Unterstützung, ohne die Eigenverantwortung zu stören. Diese Position bildet den Übergang zwischen Aktivität und Loslassen - entscheidend, um Dynamik und Eigensteuerung in Balance zu halten.

 

 

Position 3️⃣: Vier bis sechs Schritte entfernt

Hier geschieht die eigentliche Magie.

Aus der Distanz wird der Raum gehalten, während die Gruppe im eigenen Rhythmus arbeitet, Lösungen entdeckt und gestaltet. Für viele Facilitatorinnen und Facilitatoren ist dieser Moment ein Balanceakt zwischen Vertrauen und Kontrolle - und genau darin liegt die Kunst.

 

 

Der Test für gelungene Facilitation

Der einfachste Test ist zugleich der ehrlichste:

Was passiert, wenn die Facilitatorin oder der Facilitator kurz den Raum verlässt?

Wenn die Gruppe weiter im gleichen Flow arbeitet, ist der Prozess stabil.

Wenn die Energie zusammenfällt, braucht die Gruppe noch Unterstützung, um sich selbst zu tragen.

Facilitation bedeutet, diesen Übergang bewusst zu gestalten - so lange präsent zu sein, bis die Gruppe Sicherheit und Orientierung gefunden hat, und dann Schritt für Schritt loszulassen.

 

 

LEGO® SERIOUS PLAY® als Unterstützung 

Die Methode LEGO® SERIOUS PLAY® bietet hier ein wertvolles Werkzeug. Wenn Diskussionen emotional oder unübersichtlich werden, hilft ein einfacher Perspektivwechsel:

 

„Wo sehen wir das im Modell?"

 

Dieser Satz wirkt wie ein Anker. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf das Sichtbare - auf das Modell, das als gemeinsame Referenz dient. Die Teilnehmenden richten den Blick auf das Gebaute, Gespräche werden ruhiger, klarer und lösungsorientierter.

Facilitation mit LEGO® SERIOUS PLAY® fördert dadurch nicht nur das Verständnis im Team, sondern auch den Respekt für unterschiedliche Sichtweisen. Modelle werden zu sichtbaren Ankern, die Orientierung und Fokus geben.

 

 

Räume schaffen, in denen Neues entstehen kann

Das Ziel von Facilitation ist es, Räume zu gestalten, in denen Menschen selbst aktiv werden, Ideen einbringen und Lösungen entwickeln:

  • Wo offene Diskussionen entstehen.
  • Wo sich Teilnehmende sicher fühlen, ehrlich zu sein.
  • Wo nach dem Workshop spürbar etwas anders ist als zuvor.

Diese Räume entstehen, wenn die Leitung bereit ist, Kontrolle abzugeben und Vertrauen zuzulassen - in die Gruppe, in den Prozess und in die eigene Haltung. 

Facilitation bedeutet, einen Rahmen zu schaffen, in dem Sinn, Verständnis und Zusammenarbeit entstehen können.